Vorerst gescheitert. Claus Kleber in Teheran

Da landet das ZDF einen „journalistischen Scoop von Weltklasse“ (Meedia), doch versteckt das Interview von Claus Kleber mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad klammheimlich im Nachtprogramm von ZDFinfo. Hatte sich der „irre Präsident“ (BILD) gar nicht so irre gegeben wie vielleicht erhofft? Hatte er sich Kleber gar widersetzt?

Kleber schien davon ausgegangen zu sein, dass Ahmadinedschad vor ihm, dem großen Claus Kleber und seiner ZDF-Kamera aus Mainz, ganz selbstverständlich kapitulieren würde. Ihm, dem großen „Anchorman“ des ZDF, würde der iranische Präsident sicher aus der Hand fressen und „Zugeständnisse machen“, denn das erwarte „die Welt, die auf dieses Interview schaut“ (Kleber).

Während Ahmadinedschad die Aufmerksamkeit nutzte und seine Standpunkte plausibel darstellte, wurde der Auftritt für Kleber jedoch zu einer „journalistischen Selbstdemontage“ (Cicero).

Ahnungslos, schulbubenhaft-naiv, völlig unvorbereitet und trotzdem arrogant-hochnäsig lief Kleber ins offene Messer.

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Kaum hat das Interview begonnen, schon hat Kleber den Faden aus der Hand gegeben. Schon sitzt der Journalist in der Klemme und Ahmadinejad stellt die Fragen. (…)

Kleber entgeht, dass die Nuklearfrage nicht das schwierigste Thema für Ahmadinejad ist sondern das ihm willkommenste. Die damit verbundenen Kriegsdrohungen gegen Iran, die Wirtschaftssanktionen, die Morde an iranischen Atomwissenschaftlern auf offener Straße in Teheran: all dies nutzt Ahmadinejad geschickt, um sich zum Underdog zu stilisieren, zum Verfolgten auf der Weltbühne, den die internationale Gemeinschaft zu Unrecht ausgrenzt und dem die ihm gebührende Gleichberechtigung verweigert wird. (…)

Souverän führt der iranische Präsident durch das Gespräch. Kein Wort zu seiner umstrittenen Wiederwahl 2009. Kein Wort darüber, mit welcher Brutalität und unter welchen Verlusten an Menschenleben und Glaubwürdigkeit das Regime im Sommer 2009 den Aufstand im eigenen Land niederknüppelte. Welch ein Hohn, dass Ahmadinejad unwidersprochen die Härte der britischen Polizei gegen die Demonstranten der „Occupy-Bewegung“ anprangern darf („Frauen werden in England über den Asphalt geschleift“), ohne auch nur einen Satz über die erschossene Neda und Hunderte weiterer getöteter Iraner während der „Grünen Welle“ verlieren zu müssen!“

 

Stefan Buchen: Selbstdemontage eines Nachrichtenstars, Cicero, 21.03.2012

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Der erste unprofessionelle Schlagabtausch beginnt etwa ab Minute drei:

Ahmadinedschad: Zeigen die Zionisten Klarheit und Transparenz in ihrer Nuklearfrage? Sie haben mehr als 250 atomare Sprengköpfe! Ist das kein Problem, wenn sie so ausgestattet sind?

Kleber: Israel gehört nicht zum Atomwaffensperrvertrag. Es hat keine vertragliche Verpflichtung, das offenzulegen. Iran hat diese Verpflichtung.

Ahmadinedschad: Das heißt, jeder der nicht Mitglied von NPT-Vertrag (Anmerkung des Autors: Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons, NPT) ist, ist frei zu tun, was er will?

Kleber: So ist das wohl.

Eine schlechtere Antwort hätte man sich kaum denken können. Wie ein trotziges Kind, dem nichts mehr einfällt und versucht, mit sinnloser Argumentation dennoch zu widersprechen. Es ist natürlich nicht so, dass Israel das Recht hat zu tun was es will.

Holger Herz: ZDF im Interview mit Ahmadinedschad: Im Namen des deutschen Volkes, freitag.de, 20.03.2012

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Sogar die Erschießung Benno Ohnesorgs führte Kleber als Zeichen deutscher Gegngerschaft zum Schah an. Grotesker gehts nimmer.

Einmal mehr zeigt sich, dass deutsche Journalisten mehrheitlich nicht der Objektivität verpflichtet sind. Man muss wahrlich kein Anhänger des iranischen Präsidenten sein – seine Thesen zum Holocaust sind irre -, aber wie sich Kleber als Hofnarr der USA präsentiert hat, war schon widerlich. Für einen Friedensnobelpreisträger – Guantanamo lässt grüßen – spielt er offenbar gern den Herold des Krieges. Übel wurde mir, als er die Ermordung von Benno Ohnesorg als Zeichen der Schahproteste nannte. Ohnesorg wurde erschossen, weil er gegen die schahfreundliche Haltung der Regierung (!) demonstrierte.

Kommentar von „Nietzsche 2011“ zu Holger Herz: ZDF im Interview mit Ahmadinedschad: Im Namen des deutschen Volkes

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In Deutschland möglicherweise strafrechtlich relevante Äußerungen Ahmadinedschads ließen Kleber im Interview und das ZDF in der Mediathek stehen, „damit deutlich wird, wie einer der umstrittensten Politiker der Welt tickt“ (ZDF).


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